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Definition

Von Komorbidität (Miterkrankung) wird gesprochen, wenn eine oder mehrere Erkrankungen zusammen mit der Grunderkrankung Epilepsie vorhanden sind. Komorbidität bei Epilepsie kann sowohl Ursache einer Epilepsie sein, eine Konsequenz der Epilepsie oder von genetischen Bedingungen sein. Schließlich können auch medikamentöse Nebenwirkungen zur Komorbidität beitragen. Komorbidität kann sowohl der Diagnose einer Epilepsie vorausgehen, gleichzeitig vorkommen oder der Diagnose Epilepsie folgen.
In diesem Ratgeber wollen wir Sie an das Thema Epilepsie und Begleiterkrankungen heranführen und häufige Fragen beantworten.


Das Vorkommen

Verschiedene Erkrankungen wie Depression, Angststörung, Demenz, Migräne, Herzrkrankung, Gelenkentzündung und Magen-Darmgeschwüre sind achtmal häufiger bei Epilepsie als bei gesunden Menschen. Komorbidität kann die Behandlungsprognose deutlich beeinflussen. Die Lebensqualität kann verringert werden. Die Auswahl des Antiepileptikums kann durch die vorliegende zusätzliche Erkrankung beeinflusst werden. Nicht selten werden Komorbiditäten nicht frühzeitig erkannt. Bei Patienten mit Epilepsie ist ein besonderes Augenmerk hierfür erforderlich.
Epileptische Aktivität entsteht durch abnorme gesteigerte Entladungen von Nervenzellen. Sie kann durch eine Disposition, Entwicklungsstörungen des Gehirns oder Hirnschäden verursacht werden. Die auslösenden Ursachen variieren je nach Alter des Erkrankungsbeginns.
Im Erwachsenenalter sind Durchblutungsstörungen (49%) am häufigsten, gefolgt von Hirntumoren (11%), Verletzungen (4%), Stoffwechselerkrankungen (4%) und Entzündungen (1%). Demenzen werden in 2-14% berichtet. In den letzten Jahren wurde die Autoimmunenzephalitis (eine Entzündung des Gehirns durch Antikörper gegen eigenes Gewebe) als eine früher nicht bekannte Ursache von Epilepsie vermehrt diagnostiziert. Zu ihrer Diagnose sind Untersuchungen des Nervenwassers notwendig. Oft stellen Anfälle und Gedächtnisstörungen Hinweise hierfür dar.
Bei Altersepilepsien (Erkrankungsbeginn nach dem 65. Lebensjahr) lagen als Begleiterkrankungen mit Epilepsie in 53% hoher Blutdruck, Herzkreislauferkrankungen (53%), Diabetes (18%), Stürze (22%), Sprachstörungen (17%), Gangstörungen (16%) und Lähmungen (14%) vor. Bei jungen Erwachsenen lag keiner dieser Komorbiditäten über 7%.


Depression

Depression und/oder Angst wird in 20-30% der Epilepsien berichtet. Zwar ist die Anfallskontrolle vordringliches Behandlungsziel, depressive Verstimmungen sind jedoch mögliche Begleitstörungen, die unbedingt mitbehandelt werden müssen, um die Lebensqualität und Behandlungsprognose zu verbessern.
Depressionen werden unter Umständen nicht erkannt, da vom Patienten nur über Anfälle berichtet wird. Depressive Verstimmungen sind nicht zwangsläufig als eine Reaktion auf die Epilepsieerkrankung zu verstehen, sondern können auch neurobiologisch, pharmakologisch und psychosozial bedingt sein. Symptome können sich z.B. als Mattheit, Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit, Müdigkeit, Freudlosigkeit, Interessensverlust, Appetitmangel, Schlafstörung, Konzentrationsstörung äußern.
Bei Epilepsiepatienten/innen können lediglich Reizbarkeit, Lust- und Freudlosigkeit, geringe Frustrationstoleranz, Mangel an Selbstwertgefühl im Vordergrund stehen. Falls darüber beim Arzttermin nicht gesprochen wird, wird diese Form der Depression leicht übersehen.
Depressive Verstimmungen können durch verschiedene Antiepileptika ausgelöst werden. Falls depressive Symptome festgestellt werden kann ein Wechsel eines Antiepileptikums nötig werden. Zusätzlich ist eine psychotherapeutische Behandlung in bestimmten Fällen hilfreich. Es existieren außerdem besondere Selbsthilfegruppen für Epilepsie mit Depression. Ihr behandelnder Arzt kann ihnen in diesem Fall für sie konkrete Behandlungsmöglichkeiten und Tipps erläutern. Angst kann abgesehen von einer Depression, durch die Befürchtung vor einem weiteren Anfall oder als Aura vor einem Anfall auftreten.
Die Erkennung einer Depression ist Voraussetzung für eine gezielte Behandlung nicht nur der Stimmungsstörung, sondern auch der Epilepsie. Antidepressiva erhöhen nicht nur das emotionale Befinden und die geistigen Funktionen, sondern auch die Motivation zur Einnahmeregelmäßigkeit von Antiepileptika. Bei Vorhandensein einer Depression werden ärztlicherseits außerdem bestimmte Antiepileptika ausgewählt, die sich positiv auf die Stimmung auswirken und Anfälle unterdrücken. Moderne Antidepressiva können ebenfalls zur Anfallskontrolle beitragen.


Kognitive Störung und Demenz

Konzentrations- und Gedächtnisstörungen können durch verschiedene Mechanismen entstehen. Während epileptischer Entladungen in den Nervenzellen kann die Aufmerksamkeit und Informationsverarbeitung zur Gedächtniseinspeicherung erschwert sein, aber auch z.B. Hirnschädigungen, Antiepileptika oder Depressionen können dazu führen. Erste Anfälle im höheren Alter nach einem Schlaganfall sind mit einem höheren Risiko zur Demenzentwicklung verknüpft. Infolge der höheren Lebenserwartung hat in den letzten Jahrzehnten die Kombination von Demenzerkrankungen mit Epilepsie zugenommen. Bei Menschen mit Alzheimer Demenz werden ebenfalls epileptische Anfälle beobachtet. Ein gemeinsamer biologischer Mechanismus ist zurzeit Gegenstand der Forschung. Das Risiko für das Auftreten epileptischer Anfälle ist in diesem Fall um das 6-fache erhöht. Oft handelt es sich um große Anfälle mit Verkrampfungen (tonisch-klonische Anfälle) oder kurze Muskelzuckungen (Myoklonien). Es können jedoch auch fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörungen ohne Zuckungen auftreten. Sie werden u.U. als Verhaltensstörungen bei Demenz verkannt. Durch Antiepileptika können Anfälle bei Alzheimer Erkrankung behandelt werden. Daher ist es wichtig die Diagnose epileptischer Anfälle zu sichern.
Abgesehen von Alzheimer Demenz kommt eine geistige Behinderung bei Epilepsie bei Genmutationen, Stoffwechselerkrankungen und erworbenen Hirnschädigungen vor. Sie stellt eine deutliche Einschränkung der situationsbezogenen Handlungsfähigkeit bei verminderten intellektuellen Fähigkeiten dar. Daraus resultieren Einschränkungen in Kommunikation, Sozialverhalten, Selbstversorgung, Wohnen und der Selbstbestimmung.


Migräne und Epilepsie

Sowohl Migräne und Epilepsie weisen als Symptome Kopfschmerzen, Aura und Sehstörungen auf. Daher werden sie gelegentlich verwechselt. Migräneattacken können epileptische Anfälle auslösen. Bei einer bestimmten genetischen Disposition können Migräne und Epilepsie gemeinsam auftreten. Migränepatienten/innen weisen ein erhöhtes Epilepsierisiko auf.
Wenn Sie vor einer operativen Behandlung noch ungeklärte Fragen oder Zweifel haben, ist eine fachärztliche Zweitmeinung möglich.


Verletzungen

Im Verlauf tonisch-klonischer Anfälle kann es zum Auskugeln der Schultergelenke oder Wirbelbrüchen kommen. Bei Langzeitbehandlung mit bestimmten Antiepileptika kann die Knochenbrüchigkeit durch Osteoporose verstärkt werden. Schädelverletzungen lassen sich durch die Verwendung von Sturzhelmen vermeiden.


Plötzlich unerwarteter Tod bei Epilepsie (SUDEP: sudden unexpected death in epilepsy)

Der plötzlich unerwartete Tod kommt bei verschiedenen Erkrankungen vor. Er ist bei Epilepsie selten.
3,5 von1000 schwerbehandelbaren Epilepsie-Patienten und 6,2 von 1000 pharmakoresistenten Patienten, die für die präoperative Diagnostik vorgesehen sind. Der plötzlich unerwartete Tod bei Epilepsie (SUDEP) ist etwa 20-mal höher als in der übrigen Bevölkerung. Er tritt bevorzugt bei einer schwer kontrollierbaren Epilepsie, Vorliegen von Hirnläsionen, die zu einer fokalen Epilepsie führen, tonischklonischen Anfällen aus dem Schlaf und jüngeren Männern auf. Als Ursache wird eine Störung der Herz- und Atemfunktion während und nach dem Anfall festgestellt. Sofortige Wiederbelebungsversuche waren erfolgreich. Anfallserkennungssysteme können andere Personen für eine schnelle Hilfe informieren. Das Risiko kann durch konsequente Antiepileptika-Therapie und Epilepsiechirurgie reduziert werden.





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Bundesverband der Epilepsie Aufklärung Deutschland e.V.
Der Antrag zur Eintragung liegt dem Amtsgericht Köln vor.

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